Stress kann zu dauerhaftem Druck und auch zu psychischen Erkrankungen führen und eine gelassenere Haltung verhindern. Paul Gilbert wollte herausfinden, wie man dem entgegenwirken kann. Er entdeckte eine wirksame Medizin, das Mitgefühl.

In seiner Forschung stellte sich heraus, dass Mitgefühl das Beruhigungs- und Bindungssystem aktiviert. Dieses erzeugt Geborgenheit und Zufriedenheit und ermöglicht eine Basis für Gelassenheit.

Wenn wir selbst gestresst sind, erleben wir Freundlichkeit, Verständnis und Zugewandtheit als echte Hilfe. Das hängt auch damit zusammen, dass unser Gehirn darauf ausgelegt ist, sich angesichts von Freundlichkeit zu beruhigen.

Eine liebevolle Berührung, ein freundliches Wort führen zur Ausschüttung von Oxytocin und manchmal auch Endorphinen, von Hormonen, die mit innerer Ruhe und Wohlbefinden in Zusammenhang stehen und mit dem Gefühl von Sicherheit und Verbundenheit korrespondieren.

Die amerikanische Psychologin Kristin Neff fand heraus, dass dieser Prozess auch stattfindet, wenn wir uns selbst mit Mitgefühl und Freundlichkeit begegnen.

Bleiben wir mehrmals am Tag bei einer positiven und heilsamen Erfahrung, z. B. bemerken wir ein Lächeln eines anderen Menschen, nehmen diese Erfahrung bewusst für mehrere Sekunden wahr, helfen wir unserem Gehirn dabei, dass diese Erfahrung tief einsinken kann. Unser Gehirn speichert diese Erfahrung ab und kann diese positive Alltagserfahrung in dauerhafte Ressourcen umwandeln. Dadurch bauen wir eine Widerstandskraft auf, Selbstmitgefühl und ein positives Gefühl für unseren eigenen Wert.

 In eine liebevolle und achtende Grundhaltung sich selbst gegenüber zu kommen, ist eine Ebene auf der sich Selbstmitgefühl entfalten kann. Was jedoch nicht gleichbedeutend ist mit grenzenloser Annahme und Hinnahme von schädigenden Begebenheiten oder Kontakten. Im Gegenteil, das Selbstmitgefühl ermöglicht es uns, genauer hinzusehen wer oder was uns gut tut und uns bei unserem Wachstumsprozessen behilflich ist und welche Erfahrungen sich destruktiv oder verletzend auf uns auswirken. Aufgrund dieser Überlegungen kann eine Haltung entwickelt werden, die zu klugen Entscheidungen führen kann.

Wenn wir leiden und den Wunsch verspüren uns selbst zu helfen, erfahren wir Selbstmitgefühl. Ein Mensch, der Mitgefühl und Liebe für sich selbst empfindet, reagiert auf Schwierigkeiten und Rückschlägen warmherzig und verständnisvoll, anstatt mit Härte und Kritik. Ebenso sind wir in der Lage leichter anderen Menschen gegenüber mit Mitgefühl zu reagieren.

Wir neigen manchmal dazu, uns für unser Unglück zu schämen, als wären wir ganz allein dafür verantwortlich und der einzige Mensch dem so etwas passiert. Das Gefühl von Scham führt zur Isolation, dabei ist vieles was geschieht, das Resultat eines komplexen Gefüges von Ursachen, das nicht ausschließlich durch unser Dazutun verursacht wurde. Alle Ergebnisse sind miteinander verbunden und die Erkenntnis der gemeinsamen menschlichen Erfahrung, kann uns von den Gefühlen der Einsamkeit und Isolation erlösen.

Wir können uns selbst gegenüber mitfühlend, also freundlich und liebevoll zugewandt sein, wie einem Kind oder einer guten Freundin oder Freund gegenüber.

Die uralte Weisheit des Ostens sagt uns, dass Herzensgüte etwas ist, das jeder Mensch braucht und verdient hat und wir uns dieses als Geschenk selbst entgegenbringen können.

Mitgefühl und Herzensgüte sind Fähigkeiten, die jeder von uns entwickeln und in sein Alltagsleben einbringen kann.

In der buddhistischen Psychologie betrachtet man Qualitäten wie Herzensgüte als Mittel gegen die Formen der Angst. Die Angst nicht gut genug zu sein, oder die Angst, die uns lähmen kann, nicht zu wissen, wie der nächste Schritt aussehen kann. Wenn wir Angst haben leiden wir. Das Mitgefühl bejaht die heilsame Kraft der Verbundenheit, das befreiende Gefühl Wahlmöglichkeiten zu haben. Mit diesem Wohlwollen uns selbst gegenüber, können wir uns leichter mit anderen verbunden fühlen und ihnen echtes Mitgefühl entgegenbringen.